VESTICO ist ein Start-Up im Bereich neuer Technologien und mittlerweile gewachsenes Unternehmen mit namhaften Kunden. Mit einem Fokus auf die Immobilienbranche wollen die Leipziger die klassische Architekturvisualisierung auf ein neues Level heben. Über Visionen, Entdeckergeist und Problemlösungen sprach ich mit dem Gründer und Geschäftsführer Robby Höfler.
Hallo Robby und danke, dass du dir bei all der Dynamik dieser Zeit und in deinem Unternehmen einen Moment herausnimmst, um dich und VESTICO mal in einem etwas anderen Kontext vorzustellen.
Das ist doch selbstverständlich. Aber ja, du hast Recht: kaum sind wir in 2021 angekommen, stehen schon wieder etliche Aufgaben auf der Agenda — neue Projekte, neue Ideen und bedingt durch den Lockdown auch neue Herausforderungen für uns und unsere Auftraggeber.
Darauf können wir später vielleicht noch näher eingehen. Für den Anfang würde ich erstmal nach der Idee hinter VESTICO fragen. Die Digitalisierung hält ja nun seit ein paar Jahren auch vermehrt Einzug in die Immobilienwirtschaft. Immer mehr Unternehmen erkennen das Potenzial neuer Technologien und entsprechend viele neue Unternehmen drängen mit digitalen Lösungen auf den Markt. Wo findet sich VESTICO da wieder? Also was genau macht ihr eigentlich?
Das ist eigentlich schnell erklärt: VESTICO entwickelt interaktive Anwendungen zur virtuellen Darstellung von Immobilienprojekten und Entwicklungskonzepten für Anwendungsfälle wie die architektonische Planung, die Vermarktung von Wohn- und Gewerbeimmobilien, die Visualisierung von Stadtentwicklung, die Darstellung von Inneneinrichtungen…
Okay, vielleicht kannst du das doch nochmal etwas ausführlicher erläutern. In einfachen Worten.
(Lacht) Ha, ja, wenn man Interessenten und potenziellen Neukunden regelmäßig erklären muss, was man genau macht, neigt man schnell dazu, das alles irgendwie kompakt zu halten. Dann versuch ich es mal anders zu erklären. Also, stell dir folgendes Szenario vor: Du bist Projektentwickler, hast kürzlich ein neues Grundstück oder vielleicht sogar eine brachliegende Immobilie erworben und zusammen mit Architekten, Ingenieuren und anderen Projektbeteiligten ein Konzept zur Nutzung dieses Objekts entwickelt — also erste Skizzen, womöglich auch Renderings, auf jeden Fall aber viele zweidimensionale Pläne von der Bebauung des Geländes oder der Sanierung einzelner Gebäude. Du bist also gut aufgestellt und eigentlich schon voller Elan für die Umsetzung. Doch jetzt steht erstmal die Präsentation vor dem Bauamt oder sogar gegenüber der Öffentlichkeit an. Die herkömmliche Herangehensweise war bisher, Pläne auf Großformat zu plotten, das Konzept auf A4 ausgedruckt in einer handlichen Broschüre zu binden und noch krampfhaft eine PowerPoint-Präsentation zusammenzustellen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat (schmunzelt). Und stell dir auch mal die andere Seite vor: also die Zuständigen vom Bauamt oder eben den interessierten Bürger, der aber leider all diese Pläne nicht ohne Weiteres versteht.
Genau da kommen wir ins Spiel und bieten eine völlig neue Möglichkeit, diese Pläne und Konzepte darzustellen. Wir konstruieren die Gebäude dreidimensional am Rechner, setzen sie dann in eine virtuelle Umgebung ein und bringen das schließlich als interaktive Anwendung auf den Monitor, das Touch-Display oder die Leinwand, damit sowohl der Projektentwickler als auch Zuständige vom Bauamt oder eben Bürgerinnen und Bürger damit interagieren können und ein besseres Verständnis vom Vorhaben bekommen.
Virtual Reality.
Genau. Allerdings heben wir uns insofern von der gängigen Vorstellung, was Virtual Reality ist, ab, als wir nicht vordergründig auf die Brille setzen, sondern unsere Anwendungen auf große Displays bringen, die man dann mit Gestensteuerung bedient, also per Touch.
Virtual Reality zum Anfassen.
Richtig. Wir verschließen uns der VR-Brille dennoch nicht komplett. Denn auch dafür gibt es gute Anwendungsfälle. Unser Fokus liegt aber klar auf der Touch-Interaktion.
Die VR-Brille kommt ja auch aus der Unterhaltungsindustrie und ist daher optimiert für den Einzelanwender, der zuhause einen Film schaut oder sich in ein Videospiel vertieft. Ich stelle mir das schwierig vor, wenn es um die Präsentation vor mehreren Personen geht und eigentlich auch schon beim direkten Verkaufsgespräch zwischen nur zwei Personen.
Das stimmt. Sobald einer von beiden die Brille auf hätte, würden wichtige Aspekte der Gesprächsführung, wie Blickkontakt, Mimik und Gestik, einfach fehlen. Deshalb bringen wir das Ganze lieber auf ein Display, vor dem zwei oder mehr Personen stehen und noch miteinander reden können — oder eben auf die Leinwand, damit ein ganzes Publikum zuschauen kann. Ob VR-Brille oder Touch-Display: So oder so ist es eine Form von Virtual Reality und diese Art der Visualisierung bringt eben ihre Vorteile mit sich. Schon allein durch die räumliche Darstellung begreift man einfach viel besser, um was es geht, als es zweidimensionale Pläne oder Skizzen oder eben klassische Renderings vermitteln können — oft braucht es ja gerade hier zahlreiche Bilder aus verschiedensten Perspektiven, um irgendwie veranschaulichen zu können, was sich der Architekt bei seinen Entwürfen gedacht hat, und selbst dann ist nicht garantiert, dass es alle Betrachter wirklich verstehen, auch nachdem man bereits etliche Stunden in die Erstellung von Renderings investiert hat. Kurzum kann man sagen: die virtuelle Darstellung spart eine Menge Zeit und bezieht auch jene mit ein, die nicht so viel Vorstellungskraft haben wie Architekten und Ingenieure.
Okay, so viel also zu der Frage, was VESTICO macht…
Naja, genau genommen hab ich erst ein konkretes Beispiel herausgestellt. Wenn ich da noch ergänzen darf: es gibt neben der Präsentation von Konzepten noch zahlreiche weitere Anwendungsfälle, in denen Immobilienunternehmen von unseren Anwendungen profitieren können. Im Grunde begleiten wir den ganzen Prozess von der Planung bis zur Vermarktung eines Immobilienprojekts, also wir arbeiten sowohl ganz am Anfang mit Projektentwicklern und Architekten bei der Visualisierung erster Entwürfe zusammen, als auch am Ende mit dem Sales Manager, wenn es darum geht, das fertige Projekt zu vermarkten. Denn unsere Anwendungen sind skalierbar — im Funktionsumfang und hinsichtlich der Größe eines Vorhabens. Der Umfang dessen, was wir abbilden können, reicht vom einfachen Einfamilienhaus bis zum komplexen Stadtentwicklungskonzept.
Das klingt sehr beeindruckend und auch sehr durchdacht. Wie kommt man auf die Idee, so einen Transformationsprozess in der Immobilienwirtschaft mit loszutreten und zu begleiten? Ich kann mir vorstellen, dass das auch mit Hürden verbunden ist.
Das sind solche Prozesse immer. Veränderung ist nie einfach. Und gerade in Bezug auf die Digitalisierung hat man es manchmal nicht leicht. Unsere Generation ist ja damit aufgewachsen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass man Kleidung oder Lebensmittel online bestellen kann, dass man seine Termine in der Kalender-App über sämtliche Endgeräte synchronisieren kann und wir benutzen sogar Sprachassistenten im Alltag — ganz so, als wäre das alles nichts Besonderes. Solche Veränderungen macht natürlich nicht jeder im gleichen Tempo mit und so gibt es auch in unserer Zielgruppe das eine oder andere Unternehmen, das noch nicht mit Virtual Reality in Berührung gekommen ist oder sogar schlechte Erfahrungen damit gemacht hat. Aber ich bin optimistisch, wenn ich sehe, was für ein begeistertes Feedback wir bisher von unseren Auftraggebern bekommen haben. Virtual Reality ist wirklich ein Game Changer für die Immobilienwirtschaft und früher oder später wird jeder mitziehen.
Werden wir doch zur Abwechslung mal ein wenig persönlicher und reden nicht über das Unternehmen VESTICO, sondern über den Gründer Robby Höfler. Wie bist du zu der Idee gekommen und was ist dein persönlicher Antrieb?
Ich komme tatsächlich von der klassischen Architekturvisualisierung und hab jahrelang Renderings für Architekten und Projektentwickler erstellt, bis mir eines Tages der Gedanke kam, dass das doch irgendwie eleganter, schneller und lebendiger gehen muss als etwas erst dreidimensional zu konstruieren, um es dann in ein zweidimensionales Bild zu wandeln.
Du bist also bestens mit der Materie vertraut. Gute Voraussetzungen, um den Wandel von der klassischen Architekturvisualisierung in die virtuelle Architekturvisualisierung mitzugestalten.
Und wie! Manchmal ging es nur um wenige Pixel. Da fällt einem unweigerlich irgendwann auf, woran es hapert und was man in die Wege leiten muss, um sich für die Zukunft gut aufzustellen. Jedenfalls finde ich das Feld der Architektur — und vor allem der modernen Architektur — sehr spannend. Dinge, die im Begriff sind, an einem Ort zu entstehen, um diesen Ort dann in etwas Neues zu verwandeln. Aber wenn du mich ganz direkt fragst, warum ich das hier alles mache: für den Wow-Moment. Wenn Menschen eine Vision entwickeln, aber dann wegen schlechter Visualisierung daran scheitern, ihre Vision auch zu realisieren, ist das nicht nur schade, sondern auch vertane Zeit. Ich will diesen Menschen helfen, ihre Visionen so eindrucksvoll zu inszenieren, dass sie sich selbst und andere über die Maße dafür begeistern können. Das ist uns auch damals für den Hivepark gelungen.
Euer Pilotprojekt.
Genau. Die VICUS GROUP AG kam auf uns zu und wollte für ihre Vision vom brachliegenden Kohlrabizirkus hier in Leipzig eine Visualisierung. Das war damals eine großartige Gelegenheit, um unsere Idee einer virtuellen Darstellung erstmals in die Tat umzusetzen und anhand eines realen Projekts nicht nur Feedback von unseren Kunden zu erhalten, sondern die Wirkung auf den tatsächlichen Nutzer am Touch-Display zu beobachten und auch den wahren Mehrwert für unseren Kunden im Verkaufsgespräch zu erkennen. Für diesen Vertrauensvorschuss der VICUS sind wir noch heute sehr dankbar, auch wenn wir mittlerweile für zahlreiche weitere Auftraggeber arbeiten, wie zum Beispiel regionale Projektentwickler wie die Leipziger Stadtbau, DSK-BIG oder die BUWOG, aber auch internationale Größen wie JLL und CBRE, die sich, nebenbei bemerkt, auch nach wie vor sehr zufrieden mit uns und unserer Arbeit zeigen. Von solchen Größen wirklich begeistertes Feedback zu bekommen, ist eine Bestätigung für all die Energie, die wir in unsere Vision investiert haben.
„Bisher setzten wir in Verkaufsgesprächen vor allem auf 3D-Druck, damit sich Interessenten ein Bild vom Objekt und von Standortfaktoren machen konnten. Die virtuellen Welten von VESTICO bieten hier eine völlig andere Darstellungsform, die durch die Interaktion mit dem Objekt einen viel lebhafteren Eindruck vermittelt und Interessenten regelrecht staunen lässt.“
Andreas Apel, Senior Acquisition Manager, Mattheußer, Frankfurt am Main
Beeindruckendes Portfolio für ein Start-Up. Das war sicherlich kein einfacher Weg bis hier hin. Worin bestand deiner Meinung nach die größte Herausforderung für ein Start-Up wie VESTICO und in den Anwendungen, die ihr entwickelt?
Ich denke, jedes Start-Up, das mit einer disruptiven Technologie arbeitet, hat seine Schwierigkeiten. Und bis wir an dem Punkt waren, an dem wir heute sind, war es definitiv ein Kräfte zehrender und zeitintensiver Prozess. Und wir sind noch lange nicht am Ende unserer Reise. Wobei ich sagen muss, dass es nicht wirklich disruptiv ist, was wir hier machen. Ich sehe es eher als evolutionären Schritt, der aber keineswegs bisherige Darstellungsformen verdrängen wird. Auch Renderings und Pläne werden weiterhin ihre Berechtigung haben und so bieten wir beispielsweise die Erstellung von Screenshots an — allerdings automatisiert, das heißt sie entstehen aus unseren virtuellen Anwendungen heraus per Mausklick oder eben per Touch. Und das ist nur eines von vielen Modulen, mit denen unsere Anwendungen auch nachhaltig einen Nutzen für unsere Auftraggeber bieten.
Aber rückblickend war gerade in der Anfangsphase Kommunikation ein großes Thema für uns. Wir hatten so unsere Schwierigkeiten, Interessenten unser Angebot zu erläutern und ich denke, daran mangelt es vielen Start-Ups zu Beginn. Insofern hast du mit dem Branding natürlich einen enormen Beitrag geleistet. Ich mein, unser Unternehmensname VESTICO stand ja bereits fest, aus den einzelnen Buchstaben dann aber herzuleiten, dass wir ja von „Virtual Experience Systems“ reden könnten und dass diese „three-dimensional, interactive, customized und online“ wären, das war schon ein kleiner Augenöffner für uns. Das hat uns am Anfang auch ein Stück weit Orientierung gegeben und weil es nach wie vor im Namen steckt, haben wir es auch jeden Tag vor uns.
Ich denke dennoch, die größte Herausforderung für uns, und generell für ein Tech-Start-Up, liegt darin, wirklich von Grund auf ein neues Produkt zu entwickeln — sowohl auf technologischer Ebene, also die Programmierung betreffend, als auch auf konzeptioneller Ebene. Da haben wir uns oft Fragen danach gestellt, was unsere Auftraggeber eigentlich brauchen, welche Erwartungen sie an ein Produkt wie unseres stellen und wie wir unseren Workflow optimieren müssen, um für die Dynamiken der Immobilienbranche — auch und gerade im Bereich Pitch — gut aufgestellt zu sein. Das brauchte auch viel Dialog mit unseren Kunden, die sich aber auch alle offen dafür zeigen, weil sie letztlich auch erkennen, welches Potenzial in unseren Produkten steckt. Aber es ist eben vor allem dieses Entwickeln von etwas Neuem, das die größte Herausforderung darstellt. Da sitzt man dann auch oft noch abends zuhause und betreibt die eine oder andere Recherche und entwickelt quasi vorm Schlafengehen noch neue Ideen oder schlägt sich eben auch so manche Nacht um die Ohren.
Klingt nach Entdeckergeist.
Definitiv. Dafür braucht es auch einen gewissen Entdeckergeist. Denn man findet ja nicht einfach irgendeinen Leitfaden oder eine Blaupause online, an der man sich orientieren kann. Diese Findungsphase hat viel Mühe gekostet, aber auch viel Dynamik gebracht. Ich mein, das hast du ja auch selbst miterlebt. Wie oft haben wir beide schon über beispielsweise die Benutzeroberfläche im Ganzen oder manchmal sogar nur einzelne Buttons geredet?
Unzählige Male.
Ja, aber nicht umsonst.
Keineswegs.
Und genau so lief es in vielen anderen Bereichen. Aber, um beim Beispiel User Interface zu bleiben: es hat auch immer gefruchtet. Heute haben wir mit deiner Hilfe ein ganzes System an Elementen wie Buttons, Cards, Icons, Containern und dergleichen mehr, was uns ermöglicht, flexibel damit zu arbeiten und Sprüngen in der Entwicklung begegnen zu können, ohne von Grund auf umdenken zu müssen.
Das war auch von Anfang an ein Anliegen für mich, euer UI modular und eben skalierbar zu halten, um mit der Dynamik eines Start-Ups mithalten zu können.
Und das hat sich eben ausgezahlt. Ich mein, die intuitive Bedienbarkeit unserer Anwendungen ist auch ein Kern unseres Angebots und bis heute erhalten wir durchweg positives Feedback von unseren Auftraggebern.
Das hört man gern. Aber nun genug des Rückblicks. Was steht für die Zukunft an?
Die Liste ist so lang, dass es unser Gespräch hier sprengen würde. Wir haben einige neue Ideen, an denen wir schon aktiv arbeiten, also die in Umsetzung sind. Und so manche Idee, die erstmal noch konzeptionell zu Ende gedacht werden muss — sowohl im technischen Bereich als auch in Bezug auf unser Geschäftsmodell. Da geht es um kleine Features wie beispielsweise eine interaktive Bemessungsfunktion, die vor allem Architekten helfen wird, aber auch um größere Pläne für die Zukunft. Vielleicht nur so viel: wir haben den klaren Fokus auf die Immobilienbranche, aber der Gedanke war immer schon, sich irgendwann anderen Branchen zu öffnen und Virtual Reality in weiteren Feldern zu etablieren.
Super. Da ist uns doch ein ganz guter Rundumschlag gelungen. Und das alles ohne das Wort „Innovation“ in den Mund zu nehmen…
Hach, jetzt ist es doch passiert. (Schmunzelt.)
Robby, ich danke dir für das Gespräch und wünsche dir und VESTICO viel Erfolg für die Zukunft.
Ich hab zu danken und freu mich auf die weitere Zusammenarbeit.
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Ausführliche Informationen zum Branding? Kann man jetzt auf der Projektseite nachlesen: Virtual Experience Systems — Branding für VESTICO.